Über 50 Jahre lang lagerte die erste Gruppenausstellung der legendären Fotografenagentur Magnum vergessen im Keller des Institut Français in Innsbruck. Erst 2007 wurden die 83 Vintage-Prints wiederentdeckt, darunter Arbeiten von Magnum-Größen wie Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, Erich Lessing und Werner Bischof. Die Galerie der Stadt Fellbach zeigt den fotohistorischen Schatz noch bis Sonntag, 18. April.
Als kleines Ostergeschenk sind wir (allerdings ohne Sohnemann Simon) am Osterdienstag nach Fellbach gefahren um die Ausstellung zu besuchen. Nach Auskunft von @Nahlinse sind selbst bei sehr ausgedehnter Betrachtung der Bilder 2 Stunden mehr als genug – so war dem dann auch.
Trotzdem ein sehr lohnender Ausflug – find ich jedenfalls. 😉
Christina (als nicht Fotografin) fragte mich nach den ersten paar Bildern: „Was ist da jetzt so besonders daran?“ Das war jetzt weniger Ignoranz als Neugierde und ich muss gestehen: Ich musste die Bilder dann nochmals neu anschauen!
Die acht Zyklen der Magnus Fotografen sind in der Ausstellung so ausgestellt wie sie damals auf Europatournee waren. Original! Alle schwarz-weiss im Original als Abzug auf Silbergelatine. Was besonders auffällt ist die Farbgebung der Holzfaserplatten auf denen die Bilder aufgezogen waren. Zum Teil einfach weiß, zum Teil in Pastelltönen oder auch mal in einem kräftigeren grün. Für die Bildsprache ist dies sehr relevant – so kommen doch die Bilder in der Aussage und Wärme anders zur Geltung.
Was ebenfalls auffällt ist der Schnitt der Bilder bzw. die Montage auf den farbigen Holzfaserplatten. Zum Teil sind die Bilder auf Stoß gesetzt, d.h. die Bildkante ist auf der Kante der Holzfaserplatten. Also nicht die klassische Anordnung: Bild zentriert in der Mitte der Holzfaserplatten – sondern bewusst (???) verschoben. Zum Teil hat dies zu sehr deutlichen Anregungen in der Bildinterpretation geführt! Szenen haben sich virtuell fortgesetzt.
(Foto-)Technisch sind die Bilder „Zweitklassig“ – jedenfalls wenn man den Faktor Zeit außer acht lässt. Verschwommen, verwackelt, unscharf, zu dunkel. Aber was erwarten wir? Die Technik um 1950 hatte nun mal weder Shake Reduktion noch ISO 1600. Und die Größe der Kameras gab zusätzliche Beeinträchtigungen in der Flexibilität des Blickwinkels. Exponate der verwendeten Kameras sind gegenüber im Rathaus zu sehen. Eine Leica M6 genauso wie große Boxen.
Henri Cartier-Bresson zeigt die einen Zeitauszug aus dem Leben und dem Sterben von Gandhis. Deutlich war zu spüren wie sich die Stimmung in den Bildern verändert. Nicht durch eine andere Belichtung oder ähnliches – die Menschen in den Bildern zeigten dies.
Jean Marquis zeigt Bilder aus Ungarn aus den 1950ern. Menschen und Situation die einem heute sehr fern und fremd vorkommen. Aber auch in den 1950ern mussten diese Bilder einem Leser aus New York oder London fern und fremd sein.
Besondern beeindruckend für mich waren die Bilder von Werner Bischof. Der kleine Peruanische Junge auf dem Weg nach Cusco. Sicherlich ein Schnappschuss, technisch unperfekt. Aber er zeigt genau das was Peru damals gewesen ist. Vielleicht auch deswegen so besonders für mich, da ich schon dort gewesen bin – eben nur 50 Jahre später und eigentlich immer genau dieses Motiv gesucht habe. Vergebens.
Sehr schön war noch das Portrait eines kleinen Mädchens mit Tränen auf den Wangen – leider habe ich vergessen von wem dieses Bild gemacht wurde. Man wollte direkt hingehen und die Tränen abwischen…
Die Stadtgalerie in Fellbach konnte den Bildern nicht ganz gerecht werden, ich bin mir sicher, dass die Bilder in größeren Räumen noch besser zur Geltung kommen. Leider schweigt sich die Homepage von Magnum aus wohin die Ausstellung jetzt weiterziehen wird. Von daher: Vielleicht ist Fellbach bis zum 18.4. die letzte Gelegenheit die Bilder anzusehen!

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