Neben der Fotografie habe ich noch ein paar andere Leidenschaften (aka Hobbies). Dazu zählt – eng angeknüpft an meine Arbeit – die E-Mobilität und hier speziell alles rund um „Smart Charging“ – also den Ansatz, mein Elektroauto möglichst so mit Strom zu versorgen, dass ich keinen oder nur wenig „schmutzigen“ Strom lade und/oder das Stromnetz nicht/wenig belaste.
Das geht natürlich mit einer PV-Anlage besonders einfach – wenn man ein wenig Nerd ist. Voraussetzung ist ein HEMS (Home Energy Management System), sowas kann man kaufen oder selbst installieren.
Ich bin noch ein bisschen Nerd, daher ist meine Wahl auf EVCC gefallen, mit dessen Hilfe ich nun unsere beiden Wallboxen in Garage und Carport gemäß unserem Bedarf steuern kann. Das funktioniert natürlich nur mäßig – bei 8.8kWpeak installierter Leistung auf dem Dach, werden wir ein Auto nie mit 11kW laden können, geschweige denn beide parallel.

PV Ertragskurve

Aber das braucht es auch nicht oft – meist sind 3,7kW für ein Auto vollkommen okay, um dann (auch über Nacht) die Batterie langsam und extra schonend zu laden. Das ganze läuft überraschend einfach und gut!

Dashboard

Kleiner Hinweis: Bei einem Verbrauch von 20kWh/100km benötige ich also ca. 6-8 Stunden Sonne um 100km nachzuladen, dh. an einem Home Office Tag bekomme ich genug Fahrstrom für 2 Bürotage.

EVCC – Übersicht und Steuerung des Ladevorgangs

Ziel ist es ja, so viel CO2-freien Strom wie möglich ins Auto zu laden – das reduziert dann zwar unsere Einspeisung und damit unseren „Ertrag“, allerdings spart es auch den Strombezug – und der ist teurer.

Ladeplanung auf Basis des CO2 Gehalts je kWh

Was neuerdings mit EVCC auch funktioniert, ist den nicht-PV-Ladevorgang dahin zu verschieben, wo weniger CO2-Last im Netz vorhanden ist. Also nicht dorthin, wo der Börsenpreis niedrig ist (Siehe Tiber) um maximal Geld sparen zu können, sondern dann Strom zu verbrauchen in Zeiten, wo in meinem lokalen Stromnetz (Grid) möglichst viel EE-Strom vorhanden ist. Das ist voneinander unabhängig. Das ganze ist die Stufe eins von Smart Charging und wird auch gerne als V1G bezeichnet.

Grünstrom Index zur Bewertung des CO2 Gehalts der kWh

Die nächste Stufe wäre die Nutzung meines Elektroautos als zusätzliche „Hausbatterie“, das wäre dann das sogenannte “Vehicle to House” (V2H), oder wenn man den Strom aus dem Auto auch noch ins Netz einspeist, eben “Vehicle to Grid” (V2G). Insgesamt ist die V2x-Technologie ein extrem wichtiger Baustein in unserer Energiewende, um Strom zu speichern, wenn er im Überfluss im Netz ist, um ihn dann zu nutzen, wenn es mal nicht so gut mit den erneuerbaren Energien läuft (“Dunkelflaute”).

Auf Basis von Home Assistant habe ich mir noch ein Dashboard gebaut, und tagsüber schaue ich da ein paar Mal rein, um zu sehen, wie voll die Batterie schon ist und mit welcher Leistung das Auto schon wieder lädt.

Insgesamt ist das alles eine recht spannende Sache und wird (über kurz oder lang) in sehr viele Haushalte einziehen. Leider ist die Systemintegration aktuell recht schwierig, da es zu viele Hersteller mit eigenen Protokollen gibt und die fehlenden Smart Meter der Energieversorger die Installation von eigenen Smart Metern bedingt. Deswegen ist aktuell alles noch ein wenig „bastelig“ – sofern man sich nicht zu 100% von einem Anbieter für PV+Speicher+Wallbox abhängig machen möchte. Irgendwann kommt da auch noch eine Wärmepumpe bei uns dazu und ggf. macht das ja auch Sinn, den Geschirrspüler und die Waschmaschine als Großverbraucher zu integrieren und zu steuern.

Dazu ist die User Journey heute mit diversen (schlechten) Apps von Netzbetreibern, PV+Batterie-Anlagen, Wallboxen und Autos eher so 2000er Webdesign als State-of-the-Art User Experience. Mit meiner Bastellösung komme ich da einer ordentlichen All-in-One-Lösung schon sehr viel näher.

Dazu kommen die Möglichkeiten zur Integration anderer Geräte oder Sensoren aus dem großen HomeKit-Universum. Das Ganze kostet einiges an Zeit, macht aber sehr viel Spaß und am Ende ist das auch noch gut für unseren Geldbeutel und die Umwelt.

Kommentare

Du hättest ein paar ästhetische Aufnahmen der Solaranlagen, Messeinrichtungen oder des Autos hinzufügen sollen, dann wäre das ein 1a Fotoblog Beitrag 😉

Lieber Oliver,

ich finde das ja total spannend und gleichzeitig stehe ich mit einem zu ziehenden Wohnwagen, einer Wohnung im Mehrfamilienhaus und einem Tiefgaragenstellplatz, der weit über hundert Meter (im Freien !) vom Wohnungszähler entfernt ist, ganz woanders in Sachen Elektromobilität, Stromerzeugung und Speicherung. Die zentrale Challenge wird es sein, auch Leute unter diesen Vorzeichen mitzunehmen, denn wir stellen – auch wenn unsere Pendelstrecken oft kleiner sind als bei auf-dem-flachen-Land-Lebenden – trotzdem einen relevanten Teil der CO2-Emissionen. Leider.

Bauliche und technische Konzepte reichen in diesen Fällen leider nicht mehr. Es braucht rechtliche und wirtschaftliche Veränderungen, die das Durchleiten und Speichern vereinfachen. Da läuft im Neubau zum Glück schon viel aber bis es in bestehenden Anlagen ankommt, wird noch viel Zeit vergehen, fürchte ich.

Liebe Grüße: Steff

Lieber Sieff,
ich kann da nicht widersprechen. Als Reihenhausbesitzer lebe ich hier im Schlaraffenland.
Die aktuellen Gesetze bzgl. Mieterstrom (aka PV auf Mehrfamilienhäusern) ist schlecht und verhindert eine einfache Skalierung von PV-Anlagen auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern, vor allem, wenn den Vorteil des auf dem Dach generierten Stroms direkt zum Vorteil der Anwohner/Mieter im Haus verteilen möchte.
Bzgl. der Installation von Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern geht schon vieles heute – mittels Lastmanagement kann hier sogar mit dem bestehenden Netzanschluss einiges in einer Tiefgarage geleistet werden. In eurem Fall mit vielen hundert Anwohnern und Fahrzeugen kann das ggf. nicht ausreichen – aber es gibt gute Beispiele wo sogar 600 3,7kW Ladestationen in einem Parkhaus installiert wurden (via E.ON im BMW FIZ Parkhaus in München). Hier sehe ich viel Potential. Was ist nun mit V1G und V2H in dem Fall? Naja, das ist nicht im Fokus. Im Fokus bei der Anzahl an Fahrzeugen ist aber V2G! Es stehen so viel Fahrzeuge die meiste Zeit rum, dass hier eine deutliche Speicherkapazität vorhanden ist mit dem ein Energieversorger sehr deutlich das Netz stabilisieren kann. Berechnungen von The Mobility House ergeben, dass (sofern der rechtliche Rahmen gesetzt wurde) pro Auto bis zu 5000€ Gewinn für den Besitzer herauskommen könnten, wenn er sein Auto über V2G zu Stabilisierung des Netzes bereitstellt.
Es gibt inzwischen viele Lösungsansätze – leider zu wenige installierte Lösungen. Warum? Entweder wird noch gewartet (…ist ja noch so teuer…da kommt noch was besseres…wird sich das durchsetzen…) oder die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen noch nicht. Den Zweifler und Bedenkenträger kann ich nur sagen: Mehr MUT bitte.
Und deswegen gehe ich als kleiner mutiger Nerd hier voraus und versuche zu schauen, was technisch geht, und was nicht.

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